Hallo Karnivorenfreunde,
da ich wie schon erwähnt bekennender Seedgrower bin und ja auch Nepenthes-Samen anbiete, will ich heute ein paar Tips zu deren Aussaat geben! Es sind natürlich nur meine Erfahrungen und was bei mir gut funktioniert kann woanders ein Misserfolg sein. Selbst bei mir gab es schon Saaten mit identischen Samen unter augenscheinlich identischen Bedingungen wo bei einem Saattopf die Keimquote bei fast 100% lag und isich m Topf daneben sich nur wenige Sämline zeigten.
Vorab, viele Nepenthes-Arten sind in der Natur vom Aussterben bedroht, darum bitte auch beim Kauf von Samen auf die Herkunft achten. Leider werden, zusätzlich zur Pflanzenwilderung, mittlerweile Wildsamen in verstärktem Ausmaß gesammelt und verkauft. Sowas muss nicht sein. Fast alle Arten befinden sich in Kultur und werden auch vermehrt, so dass man nicht auf Samen zurückgreifen muss. In ein paar Jahren wird es auch von momentan noch eher seltenen Arten Saatgut aus Kultur geben. Wer Nepenthes selbst aufziehen möchte, sollte sich an den Arten probieren von denen die Samen auch von Kulturpflanzen stammen und Arten, die er unbedingt haben möchte, dann als Pflanze aus Kulturvermehrung kaufen.
Zurück zum eigentlichen Thema, der Aussaat von Kannenpflanzen. Die Aussaat von Nepenthes gilt allgemein als schwierig, da sie von recht vielen Faktoren abhängig ist. Hierzu zählen Alter und Lagerung der Samen, Substrat, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Lichtverhältnisse uvm.
Ich kann dieses mehr oder weniger bestätigen oder auch wiederum nicht, da ich auf der einen Seite selbst Misserfolge verbuchen musste aber auch eine Vielzahl von Nepenthes bei mir das Licht der Welt erblickt haben.
Also beginnen wir bei dem Saatgut, dessen Herkunft und Alter. Es werden viele Samen angeboten bei denen es sich oft nicht um Kultursamen handeln kann, da die Arten noch nicht lange genug in Kultur sind um geblüht zu haben und bei denen kein auch Erntedatum angegeben ist Hier würde ich die Finger davon lassen.
Das Aussehen der Samen? Ich habe oft gelesen dass die Samen eine erkennbare Verdickung in der Mitte haben müssen, den sogenannten Embryo. Das kann ich nicht bestätigen, da die Form ganz einfach von der Art abhängig ist. Diese geht von fadenförmig ohne und mit Verdickung bis zu Samen, die eher an Kümmel erinnern. Die "Verdickung" ist also kein merkmal für keimfähige Samen! Es kommt wirklich darauf an dass die Bestäubung erfolgreich war und Samen gut ausgereift sind.
Auch wenn gern darauf verwiesen wird dass Nepenthes-Samen nur wenige Monate keimfähig sind, so kann ich das nicht bestätigen. Ich habe auch von Samen, die fast 2 Jahre alt waren noch Sämlinge erhalten. Sicher ist die Keimquote dann nicht mehr so toll, aber man kann nicht allgemein sagen, da wird nix mehr draus. Trotzdem sollten die Samen schon so frisch wie möglich sein. Gerade wer noch keine Erfahrung mit der Aussaat hat wird sonst vieleicht zu schnell enttäuscht sein und das Handtuch werfen. Auch bei frischen Samen kann es Monate dauern bis sich das erste Blättchen zeigt. Also, wer keine Geduld hat sollte sich an andren Pflanzen versuchen. So grob kann man aber sagen nach 2 Monaten sollte man, wenn alles passt, die ersten Sämlinge entdecken können.
Welches Substrat? Ich verwende gern klein gehäckseltes, totes Sphagnum-Moos. Dieses speichert viel Wasser und lässt die Sämlinge leicht Wurzeln bilden. Leider hat das Moos den Nachteil,dass wenn die Qualität nicht stimmt, es schnell veralgt oder daraus eine ganze Menge ungewollter Sämlinge (div. Gräser)entspringen. Bilden sich zuviele Algen ist die Saat schnell hinüber. Irgendwie ziehen die absterbenden Algen dann Pilze magisch an. Samen sind dann meist auch mit befallen und man kann die Saate abeschreiben. Hat man schon Sämlinge kann man durch Pikieren noch was retten.
Es funktionieren für die Aussaat von Nepenthes auch Substrate auf Torfbasis oder reiner Torf. Ich benutze auch oft feinen Torf, den ich mit feinem Quarzsand und etwas feinem Kokossubstrat auflockere. Dieses funktioniert genauso wie das tote Sphagnum. Mit Aussaaten auf reinem Torf habe ich keine Erfahrung.
Wieviel Licht brauchen die Saaten? Meine Saaten stehen unter Kunstlicht bei etwa 6000-10.000 Lux, was in etwa einem Fensterplatz ohne direkte Sonneneinstrahlung oder einem schattigen Platz im GWH oder Freiland entspricht. Nach 1-2 Versuchen auf der Südfensterbank kann ich sagen, es darf auch mehr sein. Jedenfalls wenn dafür gesorgt ist dass die Saaten nicht geröstet werden.
Die Luftfeuchtigkeit ist wohl auch eine Sache bei der ich zwar Zahlen hier schreiben könnte, die aber abhängig von allen andren Bedingungen sind. Grundsätzlich sollte diese für die Saaten sehr hoch sein, was bei schlechten Lichtbedingungen aber auch zu Schimmelbildung führen kann. Ich halte meine Saaten sehr nass und meine Saattöpfe stehen im Anstau, was eine recht hohe Luftfeuchtigkeit direkt über dem Substrat bringt. Die Saaten stehen dabei in einer Glasvitrine in der es tagsüber etwa 60% RLF hat die nachts auf 80% ansteigt. Ich könnte die Saaten aber genauso bei meinen Pflanzen ins Regal stellen, wenn es da wärmer wäre.
Kommen wir also zur Temperatur. Meine Saaten stehen in der Glasvitrine da es dort durch die Beleuchtung um einige Grad wärmer ist als allgemein im Raum. Dort habe ich tagsüber dann Werte von 25-35°C, was ich für Saaten unter Kunstlicht als günstig erwiesen hat. Nachts fällt die Temperatur dann wieder auf Raumniveau, also um die 20°C. In diesem Temperaturbereich keimten bei mir bisher Tiefland- sowie auch Hochlandhybriden sehr gut. Versuche bei Raumtemperatur haben zwar auch funktioniert, aber hatten meist eine schlechtere Keimquote. Ob dies an der Temperatur oder den Gesamtbedingungen dann gelegen hat kann ich nicht sagen. Wer auf der Fensterbank aussäen möchte ist also mit ein wenig Sonneneinstrahlung morgens vieleicht gar nicht so schlecht dran. Bei Saaten in kleinen Dosen würde ich diese aber vermeiden. Offen stehend oder in einem Zimmergewächshaus mit genügend Raumvolumen dürfte das aber von Vorteil sein.
Ich hoffe ich habe nichts vergessen und die Sache verständlich geschrieben. Wie geschrieben, es sind meine Erfahrungen, die weder ein Patentrezept sind oder einen Erfolg garantieren. Wie bei vielem in der Karnivorenkultur, man muss etwas experimentieren und für sich herausfinden was funktioniert und was nicht. Zu Einstieg bei Aussaaten (egal bei welcher Gattung), die Samen splitten und unter verschiedenen Bedingungen aussäen und sehen was passt! Hier heißt es auch, mit den einfachen Arten beginnen und sich an schwierigere rantasten.
Grüße und viel Erfolg
Nicky
PS. : Da ich mehrfach Rückmeldung bekommen habe , dass die bei mir angebotenen Samen nicht keimen , muss ich noch ergänzen, dass meine Ratschläge kein Patentrezept darstellen und die Samen entsprechend Erntedatum keimfähig sind. Wenige Ausnahmen kann es sicher geben. Oft sind kleine Abweichungen der Saat-Bedingungen entscheidend für Erfolg oder Miserfolg. Es gilt immer dabei selbst zu experimentieren. Mangels Zeit habe ich viele Samen aus 2018 erst im April diesen Jahres ausgesät, also teilweise viele Monate später, wie ich sie angeboten habe, und bisher bei etwa 50% der Saaten Sämline. Tendenz steigend!
Bedingungen: Klarsichtbecher mit Deckel auf nassem totem Sphagnum bei ca. 22° und leichtsonnigem Fensterbrett (2-3h Nachmittagssonne) mit Zusatzbeleuchtung.